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Blumen

Blumenland Niederlande

Die Ankunft der Tulpe brachte Farbe in die Niederlande. Der aktuelle Stand: Wir haben DJs, Käse und Fußball, aber Blumen stehen mit einem Exportwert von 6,2 Milliarden Euro unangefochten an erster Stelle. Darin ist ein kleines Land ganz groß

Wer mit dem Flugzeug auf der Kaagbaan von Schiphol bei Amsterdam landet, bekommt den besten ersten Eindruck vom Blumenland Niederlande. Angesichts der Millionen Lichter der Blumengewächshäuser verblasst selbst der Eiffelturm. In Reih und Glied erscheinen sie wie ausgeleuchtete gläserne Städte. Mit ein wenig Glück kann man auch die bizarr gefärbten Flickenteppiche aus Tulpen, Krokussen, Dahlien und Gladiolen erkennen.

Ein magischer Moment: Love is in the air, this is Holland.

Denn was da unten passiert, in diesem kleinen, knapp 42.000 km² großen Land, ist außergewöhnlich. Die Niederlande produzieren jedes Jahr 1,7 Milliarden Schnittblumen. Das entspricht rund 60 Prozent des weltweiten Handels. So ist das Land das Silicon Valley der Blumenwelt.

Der Papst bedankt sich jedes Jahr zu Ostern bei den Niederlanden, wenn holländische Blumen den Petersplatz schmücken. Viele der 20 Millionen ausländischen Touristen schmeißen sich gerne in den blühenden Feldern in Pose, getreu dem Motto „alles für ein Selfie“. Was bei den Züchtern oft missfällt, die ihr kostbares Gut vor der Begeisterung schützen müssen, indem sie die Touristen von Gesandten begleiten lassen. Look but don’t touch. Please.

Nicht nur im Frühling können Sie sich an den niederländischen Blumen erfreuen. Zu allen Jahreszeiten gibt es Orte, die man besuchen und Blumen bewundern kann. Lassen Sie sich von der Blumengeschichte der Niederlande inspirieren.

Felder und Schuppen für Blumen­zwiebeln

Draußen, auf den Blumenzwiebelfeldern von Noordwijkerhout, scheint eine verschwommene Sonne. Dorien van den Berg, die weltberühmte niederländische Blumenstylistin, sitzt mit einer Tasse Holunderblütentee auf einer Holzbank in einem sogenannten Blumenzwiebelschuppen. Sie blickt auf einen Flickenteppich aus Tulpen. Ohne den Blick abzuwenden, sagt Dorien: „Narzissenfelder werden zu einer großen, gelben Masse, aber Tulpen aller Arten nebeneinander sorgen für unglaublich schöne Farbschattierungen. Die kann man sich nicht ausdenken.“

Van den Berg wuchs inmitten der Blumenzwiebelfelder mit hüpfenden Fröschen und zwitschernden Vögeln auf. Ein glückliches Bild. „In diesen Blumenzwiebelschuppen haben mein Vater und seine Nachbarn Freud und Leid ihrer kleinen mit Gräben durchzogenen Ländereien geteilt. Es ging immer ums Wetter. Sähen, roden, ernten – ja oder nein? Ein Blick in den Himmel verriet ihnen, wie das Wetter werden würde.“

Die Blumenzwiebeln waren ein gemeinsames Anliegen der Familie. Dorien erzählt: „In den Pausen bin ich von der Schule nach Hause gelaufen, um meinem Vater beim Stechen von Schwertlilien oder dem Zählen von Schnittblumen zu helfen. Danach gab es ein warmes Essen. Mein Opa an einem Kopfende des Tisches, mein Vater am anderen. Traditionell und sicher.“

Dorien entschied sich für die weite Welt. Als Blumenstylistin hat sie Paläste für Scheichs im Nahen Osten eingerichtet, Hochzeiten in Japan arrangiert und im Libanon unterrichtet. Natürlich mit Blumen aus Holland. Die gesamten Niederlande waren stolz, als sie zweimal in der amerikanischen Fernsehshow von Martha Stewart zu Gast war. Dort erzählte sie als „Miss Lily“ von der Schönheit der niederländischen Lilien.

Auch als Diva blieb die nüchterne Niederländerin ihrem Charakter treu. Die Stylistin brach mit Traditionen, beispielsweise mit einem Strauß Lilien. Diese Blumen wurden zuvor meistens in grünen Steckschaum gesteckt und in einen weißen Übertopf gestellt. Dorien stellte die Zweige in große Glasvasen mit LED-Beleuchtung. Ihre gestalterische Idee wurde von der Allgemeinheit angenommen. „Ich arbeite aus der Natur heraus, aber mit modernen Methoden.“ Bei Blumen fühlt sie sich immer wohl.

Landshed near Voorhout

Blumenzwiebelschuppen sind Industriekultur

Von den 1.500 Blumenzwiebelschuppen, die früher im Bollenstreek standen, sind nach diversen Erweiterungen durch Zusammenlegungen nur noch 400 übrig geblieben. Sie gehören zur niederländischen Industriekultur. Manche sind der Meinung, dass die Schuppen den Blick verschandeln, andere finden, dass die kleinen Schuppen dem Blumenzwiebel-Anbaugebiet eine ganz besondere Eigentümlichkeit verleihen. Man kann sie nicht besuchen, aber bei einer Reise durch das Blumenzwiebelgebiet wird man ihnen wahrscheinlich irgendwo begegnen, um sie aus der Ferne zu bewundern.

Flowerstyliste Dorien van den Berg with bouquet of flowers
Insidertipps von Dorien van den Berg

„Mieten Sie ein Fahrrad, finden Sie eine Route und genießen Sie die farbenfrohe Landschaft mit ihren authentischen Blumenzwiebelscheunen. Kleine Stärkung bei Como & Co am Oosterduinse Meer bei Noordwijkerhout. Die Gärten von Appeltern bei Nimwegen zeugen von unglaublicher Inspiration. Und wer sich traut: ein Imbiss vom Heringstand gegenüber der Hervormde Kerk in Noordwijk (vom 1. März bis zum 1. November).

PS: Ich esse sie ohne Zwiebeln.“

Im Reich der Blumen­zwiebel

Die Blumenzwiebelfelder sind eigentlich die Wiege der Blumen, bevor sie geschnitten werden, zur Versteigerung kommen und schließlich beim Floristen ankommen. Vor dem Pflanzen der Zwiebel in der Erde, damit sie wächst und blüht, muss sie sich umfangreichen Eingriffen unterziehen. In den Labors vieler Züchter wird nämlich auch veredelt. Das bedeutet, dass Samen und/oder Pollen miteinander gekreuzt werden. Auf diese Weise erhält man resistentere Blumen, d. h. sie sind beständiger gegen Krankheiten und Schädlinge. Oder sie zeichnen sich durch eine schöne neue Farbe, einen betörenden Duft oder eine hübsche Form aus.

Kreuzbestäubung im Labor

Klingt ganz einfach, ist es aber nicht. Es gleicht nämlich regelrecht einem Pokerspiel, eine neue Sorte zu erhalten, ohne dabei die guten Eigenschaften der Ausgangsorte zu verlieren. Es kann auch mal zwanzig Jahre dauern, bis eine neue Variante kultiviert werden kann. Eine geheimnisvolle Atmosphäre umgibt die Labors und eine neue Varietät sorgt stets für große Aufregung. Und dann erhält die „neu geschaffene Tulpensorte“ schnellstmöglich einen Namen und wird offiziell registriert. Die Namen sind in der Regel wohlklingend oder außergewöhnlich, wie Lingerie, Triple A, Heartbreaker oder Og3NE.

Wann kommst du die niederländischen Blumen bewundern?

Blumenzwiebeln lieben nieder­län­disches Wetter

Der Bollenstreek unter Amsterdam, die Spitze von Nordholland und ein Teil der Provinz Flevoland sind die bekanntesten Gebiete des „heiligen Blumenbodens“ der Niederlande. Hier gedeihen von Ende März bis Ende Mai Tulpen, Krokusse, Narzissen und Hyazinthen. Im Sommer machen sie dann Platz für Gladiolen, Dahlien, Nelken und Astern. Für Touristen ist das ganzjährig ein lohnenswertes Ziel.

Warum eignet sich ausgerechnet hier der Boden so gut für den Blumenanbau und nicht beispielsweise im Süden der Niederlande? Es ist die Kombination aus unter anderem Bodensäuregrad, Seeluft und Sand. Ein kurzer Rückblick: Vor vier Jahrhunderten wurde der Dünensand vom Meer zum Bau eleganter Landhäuser für wohlhabende Kaufleute im Inland verwendet. Zu einem schönen Landhaus gehörten natürlich auch schöne Blumen. Der ausgehobene Boden der Dünen enthielt Torf und erwies sich als der richtige Nährboden für Tulpen, Narzissen und Krokusse.

Feuchter, salziger Wind, richtige Luftdurchlässigkeit und Bodensäuregrad schaffen gemeinsam die idealen Bedingungen. Und nicht zuletzt trägt auch das niederländische Klima seinen Teil dazu bei. Kälte wirkt wie ein Schock auf die Blumenzwiebel, aber dadurch wächst sie von der Größe einer Murmel zu der eines kleinen Tennisballs. Ein gelegentlicher Regenschauer verleiht der Blüte ihre Länge und Schönheit. Dieses Wetterschema gilt für Winterzwiebeln (Tulpen etc.), Sommerzwiebeln bevorzugen dagegen Dunkelheit. Die Niederländer selbst mögen es natürlich lieber warm, hell und trocken. Deswegen wird auch oft über das Wetter geschimpft.

Tulpenmanie

Alles begann mit einer Tulpenzwiebel aus der Türkei. Tulipan war ihr Name, was Turban heißt. Vermutlich wurde die Tulpe nach der Form der Turbane benannt, die türkische Männer trugen. Niederländische Kaufleute, die im 17. Jahrhundert – dem Goldenen Zeitalter – für Gewürze und Luxusartikel um die Welt reisten, brachten die Tulpenzwiebel mit in die damalige „Republik der Sieben Vereinigten Provinzen“, die heutigen Niederlande.

Die Holländer haben es ihrem Handelsgeist und der Infrastruktur zu verdanken, dass nicht die Türken die Tulpe bekannt gemacht haben. Die Niederlande nutzte die Gelegenheit, den Handel mit Tulpen aufzubauen. Wasser- und andere Transportwege waren schon angelegt und Gärtner machten sich daran, neue Tulpensorten für ihre vornehmen Landgutbesitzer zu züchten. Oft war es eine Überraschung, was für eine Tulpenblüte letztlich daraus hervorging. gestreifte und geflammte Tulpenblüten fand man wunderschön. Sie waren oft die Folge von Virusinfektionen, was niemand wusste und worum man sich nicht kümmerte.
So entwickelte sich im Europa des 17. Jahrhunderts eine regelrechte Tulpenmanie.

Französische Hofdamen bezahlten 300 Gulden für eine Tulpenblüte, die sie auf ihrem Dekolleté trugen.

Um 1630 waren die Preise so gestiegen, dass für eine Tulpenzwiebel, die Semper August, 6.000 Gulden bezahlt wurden. Dafür hätte man damals ein Grachtenhaus in Amsterdam kaufen können. Manche Händler verkauften die Tulpenzwiebeln schon, bevor sie gepflanzt wurden. Dieser Windhandel musste einfach irgendwann einbrechen. Die Tulpenmanie oder der Blumenzwiebelwahn aus dem Goldenen Zeitalter wird von Ökonomen auch als die erste Spekulationsblase der Weltgeschichte bezeichnet. Sie ist vergleichbar mit dem Börsencrash von 1929, dem Internet-Hype der 1990er-Jahre, der Kreditkrise und dem Aufstieg des Zahlungssystems Bitcoin.

Seit 1945 erlebte der Zierpflanzenanbau nach unbeständigen Zeiten einen enormen Aufschwung. Genau wie in der Lebensmittelindustrie eroberte die niederländische Blumenindustrie durch die groß angelegte Mechanisierung, dem Einsatz von Kunstdünger und die chemische Unkrautbekämpfung die Welt. Immer mehr Gärtner verabschiedeten sich von ihren angesehenen Arbeitgebern, um selbst Züchter zu werden. Die Niederlande waren in der Lage, ganzjährig Blumen in großen Mengen und zu niedrigen Preisen zu liefern. Bis heute ist Holland das fünftgrößte Exportland der Welt. Über 80 Prozent aller Blumenzwiebeln weltweit kommen aus diesem kleinen Land.

Wohin exportieren die Niederlande Blumen und Pflanzen? 

Quelle: Floridata

274 Mio. EUR

Polen – 4,4%

301 Mio. EUR

Italien – 4,8%

813 Mio. EUR

Frankreich – 13%

855 Mio. EUR

Großbritannien – 13,7%

1.666 Mio. EUR

Deutschland – 26,7%

Inter­nationaler Blumen­handel

Blumenmenschen sind Frühaufsteher. Das mag daran liegen, dass die Versteigerungsuhr seit jeher morgens um sechs losläuft. In den Gewächshäusern geht das Licht eigentlich nie aus. In diesen schönen gläsernen Bauwerken, die die niederländische Landschaft so sehr prägen und in denen die natürlichen Bedingungen nachgeahmt werden, wachsen das ganze Jahr über Blumen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt passiert bei einer Lilie nichts. Bei zwanzig Grad keimt sie und ist nicht mehr aufzuhalten. So hilft man der Natur auf die Sprünge, damit die Lilien beispielsweise pünktlich zum Valentinstag lieferbar sind.

Der Züchter Hans Kleijwegt ist diesbezüglich ehrlich. Wenn er durch die Gewächshäuser geht und mit seinen „Mädels“ allein ist, spricht er mit ihnen. Schmunzelnd sagt er: „Sie antworten nur nie.“

Kleijwegt ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man als Selfmademan im niederländischen Zierpflanzenbau Erfolg haben kann. Als Sohn eines Gärtners sollte er eines Tages das Geschäft seines Vaters mit Tomaten und Paprika übernehmen, aber das ging ihm nicht schnell genug. Um Druck auf seinen Vater auszuüben, bewarb er sich bei der Blumenzwiebelfirma Van den Bos in Honselersdijk und wurde entgegen seinen Erwartungen eingestellt.

Er wuchs in das Unternehmen hinein und machte Van den Bos zum weltgrößten Exporteur von Lilienzwiebeln. 250 Millionen Blumenzwiebeln verlassen jedes Jahr das Unternehmen in Honselersdijk. Zu diesem Erfolg half ihm nicht nur sein unternehmerischer Scharfsinn. Der Unternehmer studierte nebenher Philosophie und Soziologie und besuchte Meisterkurse des amerikanischen Selbsthilfeguru Tony Robbins. Was ihn antreibt? „Das internationale Leben gefällt mir. Ich habe bestimmt 50 Länder besucht, fünf Jahre in Kalifornien gelebt und besitze Unternehmen in Chile und Äthiopien. Nach 40 Jahren im Geschäft geht mir immer noch das Herz auf, wenn ich durch die Gewächshäuser gehe. Eine Zwiebel ist der Anfang eines Naturprodukts, das Menschen überall auf der Welt Glück bringt. Die Lilie wird neu erfunden. Wir züchten jetzt beispielsweise auch geruchslose Sorten.“

Hübsch seht ihr aus. Gebt euer Bestes, dann werdet ihr Menschen irgendwo auf der Welt glücklich machen.
Hans Kleijwegt
Exporteur Hans Kleijwegt in a greenhouse

Traditionell werden Lilien hauptsächlich in Nordholland angebaut, aber immer öfter auch anderswo in den Niederlanden. Und in Chile, wo viel Land zur Verfügung steht und der Pflanzenanbau mit weniger Chemikalien auskommt.

Duft, Aufblühen, Pracht und Sterben einer Lilie verkörpern viele Symbole, findet Kleijwegt. „Zu Zeiten der alten Griechen und Römer wurde Bräuten ein Kranz aus Lilien auf den Kopf gesetzt. Das sollte ein reines und fruchtbares Leben versprechen. Für die ältere Generation ruft die Blume vor allem die Assoziation zu Tod und Beerdigungen hervor. Für Jüngere ist die Lilie im Gegenteil ein Zeichen des Glücks und der jungfräulichen Liebe.“

Auf die Frage, was die Niederlande zu einem Blumenland macht, zögert er keine Sekunde. „Wir haben das Prinzip der Sharing Economy schon erfunden, bevor es hip wurde. Hier in Naaldwijk sind alle Unternehmen rund um die Versteigerung angesiedelt, dem zentralen Handelszentrum, dem wir alle angehören und in dem wir Wissen und Erfahrungen austauschen. Vielleicht hat der Glaube an das Westland auch mit dieser Zusammengehörigkeit zu tun. Natürlich konkurrieren die Unternehmen miteinander, aber es gibt auch ein gemeinsames Interesse. Die niederländische Wirtschaft heißt nicht umsonst ‚Poldermodell‘.“

Das muss erklärt werden. Das Poldermodell ist ein typisch niederländischer Begriff, der für Beratung und Verhandlung steht. Weil die Niederlande weitgehend unter dem Meeresspiegel liegen, wurden die Polder regelmäßig überflutet. Dieses Problem musste gemeinsam gelöst werden. Also schoben die Bauern ihre Meinungsverschiedenheiten beiseite, um trockene Füße zu behalten. Heute ist das Poldermodell auch symbolisch für das niederländische politische Konsensmodell, bei dem mehrere Parteien gemeinsam regieren. Und wo die Ansichten aller berücksichtigt werden. Das ist weltweit einzigartig.

Exporteur Hans Kleijwegt with a flower in his hand
Insidertipps von Hans Kleijwegt

Nehmt die Räder und folgt einer Fahrradroute durch das Westland oder fahrt einfach auf gut Glück auf die gläsernen Gewächshäuser zu, die euch begegnen. Auch eine Versteigerung der Royal FloraHolland in Naaldwijk solltet ihr euch nicht entgehen lassen, um euch von Blumenland Niederlande beeindrucken zu lassen. Surrealistische Stimmung gibt es bei Wollebrand (wollebrand.nl) in Honselersdijk und dort kann man auf der Terrasse vorzüglich essen und trinken und dabei die Wasserskifahrer beobachten. Selber Wasserskifahren oder Wakeboarden geht natürlich auch.

Blumen in der nieder­ländischen Kunst

Vincent van Gogh hat seine Sonnenblumen, Piet Oudolf seine Gräser, Bas Meeuws seine digitalen Blumenstillleben, Marcel Wanders seinen Tulpen- und Dahlienstuhl, Studio Drift seine Lichtinstallation Meadow, Ermi van Oers ihre beleuchteten Pflanzen Living Light, Fotografin Elspeth Diederix ihren Miracle Garden, Fleurien Dingemans die Power of Flower. Wenn man nach diesen Namen googelt, erhält man kaleidoskopische Blumenimpressionen.

Was haben diese Menschen gemeinsam? Es sind komische niederländische Käuze und Genies, die alle Blumen lieben. Sogar ein absolut nicht-figurativer Künstler wie Piet Mondrian (1872–1944) malte neben seinen Bildern mit klaren Linien immer wieder Blumen. Die sensationelle Art und Weise, wie sie blühen, ihre reiche Symbolik und Farbenpracht bilden eine ewig währende Liebe.

Meadow by Studio Drift
Tulip chairs in Andaz Amsterdam Prinsengracht Hotel
Living Light Launch by Nova Innova

Auch hierfür liegt der Ursprung ungefähr im Goldenen Zeitalter, der ersten Blütezeit (im wahrsten Sinne des Wortes) niederländischer Blumen. Angesichts der Tatsache, dass frische Blumen nur eine eingeschränkte Zeit verfügbar waren, und um auch im Rest des Jahres Blumen zu haben, wurden Stillleben immer beliebter. Hierbei waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt, denn in einem Stillleben konnten alle Blumen kombiniert werden, auch wenn sie in Wirklichkeit unterschiedliche Blütezeiten hatten. Das Malen dieser Blumen wurde langsam aber sicher zur Kunst erklärt.

Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert blieb es ein beliebtes Genre. Beispielsweise zog es die niederländischen Brüder Gerard und Cornelis van Spaendonck nach Paris, um unter anderem am Hofe König Ludwigs XVI Blumengemälde an Wänden, auf Leinwand und Fliesen zu gestalten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts fingen auch Künstler der Moderne wie Vincent van Gogh an, Blumen und Blumenstillleben zu malen. 1886 malte Van Gogh erstmals Sonnenblumen – sie sollten ihn nie mehr loslassen. In einem der vielen Briefe, die er während seines Aufenthaltes mit dem französischen Künstler Paul Gauguin in Frankreich an seinen Bruder Theo verfasste, schrieb er: „Die Sonnenblume gehört mir, sie ist meine eigene persönliche und künstlerische Signatur.“

Dass Van Gogh sich zwei Jahre später ein Stück seines Ohrs abschnitt, war ein Akt der Raserei. Ein bisschen verrückt war er damals schon. Seine Arbeit machte ihm jedoch weiterhin Spaß. Im Van Gogh Museum in Amsterdam werden 200 Gemälde und 500 Zeichnungen ausgestellt. Außerdem gibt es einen tollen Museumsshop mit dem besten Schnickschnack von diesem komischen Kauz.

Die Holländer sind eigensinnig. Beispielsweise der Landschaftsarchitekt Piet Oudolf (75) aus Hummelo, der mit seinen Gräsergärten (High Line und Remembrance in New York, Chelsea Flower Show in England) weltberühmt wurde, aber auch den Garten um das Museum Voorlinden entworfen hat. Ein atypischer Denker, der die Schönheit von Pflanzen und Blumen nach ihrer Blütezeit sieht. Er bietet toten Pflanzen und Unkraut ein neues Leben. Dazu Oudolf: „Gärtnern ist normalerweise eine geordnete Tätigkeit, es soll immer etwas blühen und alles muss 100 Prozent gut aussehen. Von dieser Idee habe ich mich verabschiedet. Viele Pflanzen sehen noch lange gut aus, auch wenn sie verblüht und abgestorben sind und die Blütezeit längst vorbei ist.“

Innovatio­nen in der Blumen­zucht

Je näher man der Versteigerungshalle kommt, desto mehr bestimmen immens große Lastwagen den Verkehr. Geparkt wird auf einer beeindruckenden Achterbahn, die einen zum Dach des Gebäudes bringt. Von dort aus hat man eine fantastische Aussicht über Royal FloraHolland, die größte Blumenversteigerung der Welt. Das ist der erste Wow-Moment von vielen, die bei einer Führung noch folgen werden.

Ob es nun um Veredelung, Gewächshausbau oder Nachhaltigkeit geht, bei den Innovationen sind die Niederlande Spitzenreiter – das Silicon Valley der Blumenwelt. Woher das kommt, weiß Albert Haasnoot, Programmmanager Nachhaltigkeit: „Traditionell werden Wissen und Erfahrung unter den Züchtern geteilt. Dadurch konnten sie sich spezialisieren und wurden, und sind in Sachen Qualität und Kreativität weltweit unschlagbar.“

Erst multiplizieren, dann dividieren.

Die Unternehmer arbeiten im Bereich der Biotechnologie und von molekularen DNA-Techniken mit Universitäten wie der von Wageningen zusammen. Ziel ist es, Pflanzen resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge zu machen. Auch beim Bau von Gewächshäusern sind die Niederlande Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Sonnenkollektoren auf den Glasdächern der Gewächshäuser erzeugen einen Wärmeüberschuss, der im Winter zum Heizen von Wohngebieten, und im Sommer zum Kühlen der Gewächshäuser genutzt werden kann.

Ein anderes Projekt von weltweitem Interesse ist Geothermie Westland. Heißes Wasser mit einer Temperatur von 140 Grad wird aus vier Kilometer tiefen Erdschichten gepumpt. Diese Wärme ist für 475 Häuser und 30 Gartenbauunternehmen im Westland und die Hallen von Royal FloraHollland in Naaldwijk bestimmt.

Es wird auch intensiv danach geforscht, wie chemische Pflanzenschutzmittel durch natürliche Mittel ersetzt werden können. Thripse, die gefürchteten länglichen Insekten mit ausgefransten Flügeln, sind der Feind Nummer eins in den Gewächshäusern. Früher musste dieser Schädling mit radikalen Mitteln bekämpft werden, heute hilft der Saft einer bestimmten Pflanze gegen Thripse. „Durch die Zusammenarbeit von sieben Züchtern herausgefunden“, verkündet Haasnoot stolz. Und bei der Bekämpfung eines unsichtbaren Pilzes bei der Amaryllis ist sogar ein Experiment mit Spürhunden im Gange. Nichts geht den Niederlanden zu weit.

Es werden bereits Lilien ohne Pollen gezüchtet, damit bei den Kunden keine gelben Flecken entstehen, wenn die Blüte verblüht. Auch beim Duft von Lilien gibt es Innovationen. Eine Lilie ohne Duft oder eine Lilie, die wie ein Parfüm von Chanel duftet.

Grün ist mehr als nur schön

Immer mehr Untersuchungen zeigen, dass „grün“ mehr ist als nur schön. Grün liefert Sauerstoff, ist ein Retter im Kampf gegen Luftverschmutzung und Klimawandel und macht die Menschen gesünder und glücklicher. Niederländische Landschaftsarchitekten bauen weltweit grüne Städte und im eigenen Land arbeiten wir an vielen Fronten, um mehr Grün in unsere Städte zu holen.

Neben dem ganzen Spektakel um die technischen Innovationen gibt es auch noch den zurückhaltenden Ton der Blumenzüchterei und Werkstatt Loofwerk. Auf dem Landgut Op Hodenpijl in der Nähe von Delft züchtet Mariëtte Kamphuis „slow flowers“, biologisch und im Freiland. In den Blumenarrangements und in Stillleben werden Blumen verarbeitet, die die Jahreszeit widerspiegeln. Narzissen, wenn es Narzissen gibt, und im Winter Zweige, Trockenblumen, Gräser und Samenköpfe. Kamphuis: „Die Aufwertung des natürlichen Rhythmus der vier Jahreszeiten bedeutet keineswegs eine Einschränkung, sondern vielmehr eine enorme Bereicherung.“

Liebe zum Beruf

Jan de Boer, ein Unruhestifter und großer Mann in einem verrückten, kleinen Boot. Man sieht ihn regelmäßig am Wasser bei Brasserie de Haven in Aalsmeer. Jan de Boer, Unternehmer und Inhaber des Blumenexportunternehmens Barendsen, ist dann bei seinem Tiny Flower Boat. Ein Boot mit einem Häuschen und einem lila Vordach. De Boer hält Besprechungen nie im Büro ab, sondern am liebsten fahrenderweise auf seinem Boot auf den Westeinder Plassen. Alle Fachleute auf der ganzen Welt kennen das „Boot von Jan“.

Jan de Boer sorgt gerne für Unruhe. Kollegen nennen ihn „Unruhe-Exporteur“, aber er ist nicht verrückt. Er handelt einfach gerne anders. Er lässt zehn Bräute auf einer Messe erscheinen, um seine Brautsträuße zu bewerben, trägt selbst gerne Blumenschuhe. Ferner zögert er nicht, der Politik auf die Füße zu treten, wenn ihm etwas nicht passt.

Jan de Boer liebt das Blumenland Niederlande. „Hier beschäftigen sich so viele Menschen auf unterschiedliche Art und Weise mit Blumen, dass man, wenn man alles zusammennimmt, von einem blumenverrückten Land sprechen kann. Überall sehe ich fanatische Menschen, die ihre Begeisterung für diesen Beruf mit der Welt teilen möchten. Auch gut ausgebildete, junge Menschen. Die geben mir Energie. Die Welt ändert sich, die Liebe zum Beruf bleibt.

Hier geht es um Leidenschaft, Leidenschaft, Leidenschaft und Liebe, Liebe, Liebe.

Hat Sie die Leidenschaft der Blumenzüchter für ihre Blumen berührt? Die Blumengeschichte der Niederlande können Sie an vielen Orten und zu allen Jahreszeiten erleben! Von blühenden Feldern im Frühling bis zu Blumenparaden und Gärten im Herbst. Aber auch mit Blumen in der Kunst, einen Besuch der internationalen Blumenauktion oder einen Spaziergang durch den ältesten Hortus-Botaniker der Niederlande.