Persreis Watermanagement 2024
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Wasserbaukunst und Weltkulturerbe - 19. Nov. 2024

Kaum ein anderes Land dieser Welt kann auf eine so lange Tradition im Wassermanagement zurückblicken: Die Geschichte der  Niederlande ist geprägt von den Herausforderungen, die das Leben unter dem Meeresspiegel mit sich bringt, und von den innovativen Lösungen, mit denen NiederländerInnen ihr Land schützen und nutzbar machen.

Von der Landgewinnung zur Verteidigungstechnik

Schon in prähistorischen Zeiten war das Gebiet der heutigen Niederlande vom Wasser geprägt. Die ersten SiedlerInnen hatten ständig mit Hochwasser und der Bedrohung durch das Meer zu kämpfen. Um ihre Felder und Häuser zu schützen, bauten sie primitive Deiche und künstliche Hügel, auf denen sie ihre Siedlungen errichteten. Im Mittelalter begann eine systematischere und technisch anspruchsvollere Phase des Wassermanagements, bei der Klöster eine zentrale Rolle bei der Urbarmachung und dem Deichbau übernahmen.

Die Mönche in den Klöstern hatten oft das Wissen und die Ressourcen, um umfangreiche Drainageprojekte durchzuführen. Diese frühen Ingenieure gruben Kanäle und errichteten Schleusen, um das Wasser besser kontrollieren zu können. Der entscheidende Durchbruch im Wassermanagement kam im 16. und 17. Jahrhundert mit der Entwicklung der Polder. Ein Polder ist ein Stück Land, das durch den Bau von Deichen vom Wasser abgeschnitten und anschließend entwässert wird, um nutzbar gemacht zu werden.

Persreis Watermanagement 2024

Diese Methode ermöglichte es den NiederländerInnen, große Flächen fruchtbaren Landes zu gewinnen. Ein Beispiel für eine solche Erfolgsgeschichte ist der Beemsterpolder in Noord-Holland. Im frühen 17. Jahrhundert beschlossen die BewohnerInnen, das sumpfige Land des Beemsterpolders in fruchtbares Ackerland zu verwandeln. Mithilfe von 52 Windmühlen, die das Wasser aus dem Polder pumpten, gelang es ihnen, das Gebiet trockenzulegen und es landwirtschaftlich zu nutzen, was wirtschaftlich bedeutend war.

Der Beemsterpolder ist heute ein Symbol für die Innovationskraft und das Know-how niederländischer Ingenieure dieser Zeit. Aufgrund seiner historischen und kulturellen Bedeutung wurde er 1999 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Dass Wassermassen auch zur Verteidigung eingesetzt werden können, zeigten die Niederländer im 80-jährigen Krieg gegen die Spanier. Die sogenannte Holländische Wasserlinie, eine Meisterleistung des 17. Jahrhunderts, sollte das Land vor Invasionen schützen.

Durch ein ausgeklügeltes Schleusensystem und das Nutzen des natürlichen Terrains konnten große Flächen gezielt überflutet werden, um Angreifer abzuwehren. So wurde 1672 die Armee des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. gestoppt, indem Holland großflächig unter Wasser gesetzt und zur Insel wurde. Dieser kreative Verteidigungsmechanismus sicherte den NiederländerInnen ihre Unabhängigkeit. Im Jahr 2021 wurde die Holländische Wasserlinie in das UNESCO-Welterbe der Amsterdamer Verteidigungslinie aufgenommen, die zusammen als die Holländischen Wasserlinien bekannt sind.

Woudagemaal Lemmer

Mit Blick auf die heutigen Herausforderungen des Klimawandels und des steigenden Meeresspiegels bleibt das Woudagemaal in der Provinz Friesland ein lebendiges Beispiel für innovative Wassermanagementstrategien. Das historische Dampfpumpwerk wurde 1920 in Betrieb genommen und von Ingenieur Dirk Frederik Wouda entworfen. Es ist das größte noch betriebene Dampfpumpwerk der Welt und dient dazu, bei Unwettern das überschüssige Wasser aus den friesischen Kanälen und Seen in das IJsselmeer zu pumpen.

Das Woudagemaal hilft, Überschwemmungen zu verhindern und Wasserstände zu regulieren, und gehört seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das imposante Bauwerk zieht jährlich rund 40.000 BesucherInnen an, die es bei geführten Touren erkunden können. Dieses Erbe prägt die Niederlande bis heute und dient weltweit als Vorbild für den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels und des steigenden Meeresspiegels.

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