Freiheit in den Niederlanden - 9. Sept. 2024
In den Niederlanden sind wir uns bewusst, dass Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit keine Selbstverständlichkeit sind. Wir schätzen und schützen sie. Der Wille und die Überzeugung, sich für Freiheit stark zu machen und sie aktiv zu verteidigen, hat in den letzten Jahren zugenommen. Dies gilt insbesondere, da sich die Machtverhältnisse in der Welt ständig verschieben und die Instabilität in und um Europa zunimmt. Das Friedenspalais in Den Haag dient beispielsweise international als wichtiges Symbol für die Werte von Frieden und Gerechtigkeit.
80 Jahre Freiheit
Vom 12. September 2024 bis zum 15. August 2025 gedenken die Niederlande der Befreiung vor 80 Jahren. Am 12. September sind genau 80 Jahre vergangen, seit die ersten alliierten Soldaten im Süden von Limburg niederländischen Boden betraten. In den folgenden elf Monaten wurde der Rest des niederländischen Königreichs von den Nationalsozialisten befreit. Damit sind die Niederlande schon eine ganze Generation lang ein freies Land, was an verschiedenen Orten gefeiert wird. Vergessen Sie nicht: Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind nicht selbstverständlich. Diese Werte müssen geschätzt, geschützt und weitergetragen werden.
Rückblick 1940-1945
Am 10. Mai 1940 überschritten deutsche Wehrmachtssoldaten die niederländische Grenze. Kurz darauf bombardierte das NS-Regime Rotterdam, und das niederländische Militärkommando entschied sich zur Kapitulation. Die Niederlande wurden besetzt. Während dieser Zeit gab es auch NiederländerInnen, die freiwillig mit der deutschen Besatzungsregierung zusammenarbeiteten: Kollaborateure. Sie halfen bei der Judenverfolgung, verrieten Untergetauchte und MitgliederInnen des Widerstands oder traten der deutschen Armee bei. Nach Schätzungen traten etwa 25.000 NiederländerInnen der Waffen-SS bei und kämpften mit den deutschen NS-Truppen, um das Dritte Reich zu erweitern.
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten Juden und Nichtjuden miteinander in den Niederlanden. Während der nationalsozialistischen Besatzung wurden 107.000 der 140.000 niederländischen Jüdinnen und Juden deportiert. Viele von ihnen kamen zunächst im Lager Westerbork in der Provinz Drenthe unter, bevor sie weitertransportiert wurden. Nur 5.200 von ihnen kehrten lebend zurück. Das Nationale Holocaustmuseum in Amsterdam stellt die Judenverfolgung in den Niederlanden in den Mittelpunkt und gibt den Opfern ein erkennbares Gesicht. Zu der Gruppe der Opfer gehörten etwa auch Roma und Sinti, politische Gegner und Homosexuelle.
Jährliche Befreiungsfestivals
Am 4. und 5. Mai stehen die Niederlande weiterhin im Zeichen des Gedenkens und Feierns. Das wird vorzugsweise bunt, ausgelassen und laut gefeiert. Die Befreiungsfestivals sind in den Niederlanden seit über 30 Jahren ein Begriff. Jährlich finden sie an mehr als 200 Orten im ganzen Land statt.
Koloniale Vergangenheit der Niederlande
Die niederländische koloniale Vergangenheit hat tiefe Spuren hinterlassen. Kolonien wie Suriname und Niederländisch-Indien machten die Niederlande zu einem besonders wohlhabenden Land. Die niederländische Identität wird oft damit in Verbindung gebracht: ein unternehmerisches Volk, das die Welt erkundete und eroberte. Aber stimmt das wirklich? Kolonisation ging schließlich mit Sklavenhandel, Unterdrückung und Ausbeutung einher. Dies bleibt ein sensibles Thema sowohl in der Gesellschaft als auch in der Geschichtsschreibung.
Die koloniale und Sklavereivergangenheit steht in starkem Kontrast zum Selbstbild der NiederländerInnen als tolerant, humanitär und fortschrittlich. Die schmerzhafte Realität des kolonialen Reiches, das die Niederlande aufgebaut haben, ist eine Tatsache. Kürzlich wurden Entschuldigungen als erster Schritt in Richtung Versöhnung angeboten. Weitere Schritte müssen folgen. Jährlich wird in mehreren (großen) Städten der Niederlande am 1. Juli “Keti Koti” gefeiert. Dieses Datum markiert die Abschaffung der Sklaverei in Suriname und den niederländischen Antillen im Jahr 1863. Der Name bedeutet „die Ketten sind gebrochen“ und der Tag steht im Zeichen des Gedenkens und Feierns.
Friedenspalast in Den Haag
In einer Welt, in der sich die Machtverhältnisse ständig verschieben und die Instabilität in und um Europa zunimmt, ist der Wille, die Freiheit weltweit aktiv zu schützen, nur noch größer geworden. Der Friedenspalast in Den Haag ist ein wichtiges Symbol für Frieden und Gerechtigkeit. Dieses ikonische Gebäude im Zentrum des niederländischen Regierungssitzes steht als Leuchtturm für die internationale Gemeinschaft, die nach friedlichen Lösungen für Konflikte strebt. Der Friedenspalast ist Sitz des Ständigen Schiedsgerichts, des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen und der Haager Akademie für Völkerrecht.
Die Carnegie-Stiftung, benannt nach dem Philanthropen Andrew Carnegie, der den Friedenspalast finanzierte, ist Eigentümer und Verwalter des imposanten Gebäudes. Die historischen Wurzeln Den Haags als Zentrum für internationalen Frieden und Recht reichen bis zur Ersten Haager Friedenskonferenz zurück, die vom 18. Mai bis 29. Juli 1899 stattfand. Diese bahnbrechende Konferenz, initiiert von Zar Nikolaus II. von Russland und von der niederländischen Königin Wilhelmina ausgerichtet, hatte das Ziel, friedliche Konfliktbeilegung und Abrüstung zu fördern.
Das Treffen fand im Königlichen Palast Huis ten Bosch in Den Haag statt, einer Stadt, die damals eine neutrale Position im europäischen Spannungsfeld einnahm. Im Laufe der Jahre hat sich Den Haag weiterentwickelt und als das Zentrum profiliert, in dem internationale Streitigkeiten auf friedliche Weise gelöst werden und das für Werte wie eine unantastbare Justiz, Gleichheit vor dem Gesetz und das Streben nach Verständigung zwischen den Völkern hochgehalten werden.