Demokratie in den Niederlanden - 9. Sept. 2024
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts mussten in vielen demokratischen Ländern noch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, um das Wahlrecht zu erhalten. Noch bis Juli 1922 waren in den Niederlanden zum Beispiel Frauen vom Wahlrecht ausgeschlossen. Die turbulenten 1960er Jahre haben sicherlich zur heutigen Demokratie beigetragen. Es herrschte damals Unzufriedenheit in der niederländischen Bevölkerung. Die Niederlande waren in ideologische Gruppen, die sogenannten 'Säulen’, unterteilt: Katholiken, Protestanten, Sozialisten und Liberale. Diese Säulenstruktur stand auf wackeligen Beinen.
Aktivistengruppen entstanden, die ihre Unzufriedenheit mit dieser gesellschaftlichen Ordnung zum Ausdruck brachten. Dazu gehörte etwa die feministisch orientierte “Dolle Mina”-Gruppe oder die anarchistische Protestbewegung “Provo”, deren Ziel es war, durch gewaltlose Aktionen gewalttätige Reaktionen von Behörden und sonstigen Autoritäten zu provozieren. Diese Bewegungen erzwangen durch konfrontative Aktionen Veränderungen und spielten eine wichtige Rolle bei der Ankurbelung sozialer und politischer Veränderungen in den Niederlanden: der Beginn der modernen Demokratie.
Demokratie in den Niederlanden
Die repräsentative Demokratie wird auch parlamentarische Demokratie genannt. Diese Form entstand, weil es praktisch unmöglich ist, alle Menschen bei jedem Thema mitentscheiden zu lassen. So entstand das Wahlsystem. Die gewählten Bürger haben für eine bestimmte Zeit bestimmte Befugnisse, repräsentieren das Volk und setzen den Willen des Volkes um.
Das Poldermodell
Die politische Landschaft in den Niederlanden wird, obwohl nicht mehr so prominent wie früher, immer noch vom Poldermodell geprägt. Dieses Konsensmodell ist eine typisch niederländische Art der Entscheidungsfindung und Konfliktbewältigung, die auf Konsens und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Interessengruppen wie Arbeitgebern, Gewerkschaften und der Regierung beruht. Das Modell zeichnet sich durch Beratung, Kompromissbereitschaft und das Streben nach breiter Übereinstimmung aus, um Konflikte zu vermeiden und gemeinsame Lösungen zu finden. Das Poldermodell reicht bis ins Mittelalter zurück. Damals mussten Bauern, Adelige, Städter und andere Bürger zusammenarbeiten, um Deiche zu bauen und so trockene Füße zu behalten.
Die politische Situation in den Niederlanden
In den Niederlanden haben wir eine parlamentarische Demokratie. Mit dem König als Staatsoberhaupt, einem Kabinett, den Generalstaaten und einem Rechtssystem. Darüber hinaus gibt es drei wichtige Staatsräte, die keine politische, aber dennoch eine bedeutende Rolle spielen: den Staatsrat, die Gemeinden, Provinzen, Wasserverbände und einen Sozial-Ökonomischen Rat.
Die Niederlande haben ein Königshaus, und laut der niederländischen Verfassung ist der König/die Königin das Staatsoberhaupt der Niederlande. Er/sie ist Teil der Regierung und vertritt die Niederlande im Ausland. Einige Aufgaben: Gesetze unterzeichnen, Vorsitzender des Staatsrates sein, Minister ernennen und an der Kabinettsbildung beteiligt sein. Der König hat drei wichtige Rechte: das Recht, informiert zu werden, zu ermutigen und zu warnen.
Das Kabinett
Die Regierung besteht aus allen MinisterInnen und dem König, das Kabinett aus den MinisterInnen und StaatssekretärInnen und der Ministerrat aus nur den MinisterInnen. Der Ministerpräsident ist Vorsitzender des Ministerrats. Das Kabinett trifft Entscheidungen und ist gegenüber den Generalstaaten rechenschaftspflichtig. Wird das Vertrauen in einen Minister oder Staatssekretär von den Generalstaaten mit Mehrheit der Stimmen entzogen, muss dieser zurücktreten.
Die Generalstaaten bestehen aus der Ersten und Zweiten Kammer. Beide Kammern stimmen über Gesetzesvorschläge ab und können MinisterInnen zur Rechenschaft ziehen. Die Zweite Kammer hat 150 Mitglieder, die alle vier Jahre gewählt werden. Dies geschieht anhand von Wahllisten politischer Parteien. Die Erste Kammer hat 75 Mitglieder, die ebenfalls alle vier Jahre von den Mitgliedern der Provinzialstaaten gewählt werden; dies sind sogenannte indirekte Wahlen. Im niederländischen Wahlsystem ist der Ministerpräsident in der Regel der Vorsitzende der politischen Partei mit den meisten Stimmen.
Prinsjesdag und die Gläserne Kutsche
Der Prinsjesdag findet jedes Jahr am dritten Dienstag im September statt und ist der Tag, an dem der Monarch vor dem Parlament die Thronrede hält. Vor der Thronrede zieht eine königliche Prozession durch Den Haag. Der König verlässt den Paleis Noordeinde in einer Gläsernen Kutsche (früher eine Goldene Kutsche) und fährt darin zum “Ridderzaal” im Binnenhof in der Nähe des Parlaments. Das Vorlesen der Thronrede ist mit der Eröffnung der Sitzungsperiode der Generalstaaten verbunden.